#Success-Story: Mini-Triebwerk hält Kleinsatelliten exakt im Orbit

Die FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH hat schon zahlreiche Entwicklungen für die Raumfahrt erfolgreich umgesetzt. Ihre innovativen elektrischen Antriebslösungen auf Basis der FEEP-Technologie werden im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA für künftige wissenschaftliche Missionen weiterentwickelt.

Um die Relevanz der Entwicklung zu verstehen, lohnt es sich einen Blick in den Weltraum und seine unendlichen Möglichkeiten zu werfen. Im Jahr 1957 wurde mit Sputnik der erste künstliche Erdsatellit in eine Umlaufbahn geschossen. Heute sind diese erdnahen Flugobjekte aus keinem Bereich unseres Lebens mehr wegzudenken. Wetterbeobachtung, Kommunikation oder Standortbestimmung via GPS funktionieren nur dank ausreichendem Netz an Satelliten, die ihre Position und Umlaufbahn so exakt wie möglich kennen und halten müssen. Genau hier spielt die Leistungselektronik, die von der FOTEC im Rahmen des FFG-Projektes "NanoPPU100" entwickelt wurde, ihre Vorteile aus. FOTEC ist das Forschungsunternehmen der FH Wiener Neustadt.

Bahnbrechende Technologie in kompakter Bauform

Für einen erfolgreichen Einsatz in der Raumfahrt sind Gewicht und Langlebigkeit der technischen Systeme wesentliche Faktoren. Mikrosatelliten zwischen 50 und 100 cm Seitenlänge verursachen niedrige Transportkosten und sollen ihre Aufgabe so lange wie möglich erfüllen. Sogenannte CubeSats sind noch eine Klasse kleiner und leichter. Technische Systeme in diesen Flugkörpern müssen in einem Slot von 1 dm³ Volumen (10 x 10 x 10 cm³) Platz finden. FOTEC ist es gelungen, auf dieser Größe ein elektrisches Triebwerk auf Basis der FEEP-Technologie (Field-Emission Electric Propolsion) zu entwickeln, den IFM Nano Thruster. Dieser wiegt inklusive Treibstoff nur 800 g und weist eine deutliche längere Lebensdauer auf als vergleichbare Lösungen.

Chemische Antriebe, wie zum Start einer Rakete auf der Erde erforderlich, bringen hohen Schub bei kurzer Brenndauer. Elektrische Antriebe sind im luftleeren Weltraum meist die bessere Wahl. Sie sind länger einsetzbar und bringen die gefragte Genauigkeit bei der Steuerung von Satelliten. Mit der neu entwickelten Leistungselektronik gelang es der FOTEC, die Leistung des IFM Nano Thrusters von 45 Watt auf 100 Watt mehr als zu verdoppeln. Doppelte Leistung bedeutet halbe Wegzeit für den Satelliten und damit eine schnellere Einsatzbereitschaft oder Datenlieferung an die Erde. Eine längere Lebensdauer der Triebwerke hält den ganzen Satelliten länger in der gewünschten Position und macht ihn damit effizienter und rentabler.

In Österreichs größter Weltraumsimulationskammer in Wiener Neustadt erfolgen Plasmamessungen am Triebwerk, Foto: © R. Herbst

Bei der Entwicklung dieser Leistungselektronik hat das Forschungsteam der FOTEC eine Reihe wesentlicher Herausforderungen gelöst. Effizienz lässt sich nicht wie Leistung steigern, die höhere Abwärme muss mit einem besseren Thermomanagement in den Griff gebracht werden. Bei umfassenden Tests muss jedes Stück seine Weltraumtauglichkeit unter Beweis stellen. Dazu zählen raue Bedingungen im Vakuum, Temperaturschwankungen zwischen -50 und +120 °C, aber auch starke Vibrationen beim Start.

Entwicklungen für die Zukunft mit langer Vergangenheit

Ein österreichisches Highlight in der Raumfahrt ist sicherlich die MIR-Mission 1991. Diese legte zugleich den Grundstein für die erfolgreiche FEEP-Technologie der FOTEC. Franz Viehböck testete dabei erstmals die vom damaligen Forschungszentrum Seibersdorf entwickelten Flüssigmetall-Ionenemitter im Weltraum. Dies war die Initialzündung für die spätere Entwicklung eines elektrischen Triebwerks. Allerdings war der Weg dorthin weder schnell noch vollkommen geradlinig. Ab 2005 entwickelt das Austrian Institute of Technology (AIT) erste Ansätze von Ionenemitter auf Basis der FEEP-Technologie. Im Jahr 2011 übernimmt die FOTEC vom AIT den Bereich Aerospace Engineering und treibt die Entwicklungen konsequent voran. Im Jahr 2018 erfolgte die erste erfolgreiche In-Orbit Demonstration eines IFM Nano Thrusters. Mit der Ausgründung der Enpulsion GmbH wird kommerziellen Kunden ein Produktportfolio von elektrischen Antriebslösungen auf Basis der von FOTEC entwickelten FEEP Technologie angeboten. Enpulsion beschäftigt am Standort Wiener Neustadt rund 60 Mitarbeiter, mittlerweile befinden sich bereits über 100 elektrische Triebwerke „Made in Austria“ im All.

Testvorbereitung für einen IFM Nano Thruster, Foto: © FOTEC

„Angewandte Forschung braucht einen langen Atem, oft weiß man auch nach 5 bis 6 Jahren immer noch nicht, ob es irgendwann wirklich funktioniert“, meint Bernhard Seifert, Leiter des Bereiches Aerospace Engineering bei der FOTEC und ergänzt: „Gerade in diesem Bereich ist eine verstärkte Schubunterstützung durch Fördergeber überaus wünschenswert.“ Forschungsförderung sorgt dafür, dass sich die österreichische Weltraumtechnologie in der Umlaufbahn halten kann. Darüber hinaus ist der Langzeit-Return eindeutig, aus jedem Euro für die Weltraumforschung fließen sieben in die Wirtschaft zurück.

Immer wieder neue Stufen zünden

Bernhard Seifert betont, wie wichtig die gute Zusammenarbeit mit FFG und ESA in diesem Technologiebereich ist: „Wir haben viel Unterstützung erfahren, die ESA hat immer an unsere FEEP Technologie geglaubt.“ Gerade bei dieser Art der Technologie kann die Förderung das Risiko für die Entwicklung minimieren. Seit Österreich Mitglied der ESA ist, sind deutlich mehr Firmen mit Weltraumtechnologie in Berührung gekommen.  In Wiener Neustadt ist ein neuer Aerospace Standort entstanden. Rund um den Studiengang Aerospace Engineering der FH Wiener Neustadt haben sich Forschungseinrichtungen und Unternehmen angesiedelt.

In der nahen Zukunft bleibt es auch für die FOTEC spannend. Die Forscher*innen der FOTEC rund um Bernhard Seifert sind bereits damit beschäftigt, die FEEP Technologie und die darauf basierenden elektrischen Triebwerke weiter zu optimieren. Damit erhoffen sie sich Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von wichtigen künftigen Wissenschaftsmissionen der ESA.

Kontakt FOTEC

Mag. Bernhard Seifert MSc, FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH

FOTEC Forschungs- und Technologietransfer GmbH
Mag. Bernhard Seifert MSc
Leitung Aerospace Engineering
Tel.: +43 2622 90333 404
E-Mail: seifert@fotec.at

www.fotec.at